Amnesty-Protest vor dem Weißen Haus in der US-Hauptstadt Washington für die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo (Archivaufnahme) © Amnesty International
Bief an Präsident Biden, den Sie ausdrucken und abschicken können.
22 Jahre Guantanamo
Seit 21 Jahren existiert das von der US-Regierung eingerichtete Gefangenenlager in Guantánamo Bay auf Kuba. Wie ein im Dezember 2014 veröffentlichter Bericht des US Senats offiziell anerkannte, verletzen die Vereinigten Staaten dort systematisch zahlreiche Menschenrechte und andere wesentliche Aspekte des Völkerrechts. Zu diesen zählen die Vereinbarungen über die Behandlung von Kriegsgefangenen, die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und das Verbot von Folter und jeder Form grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.
Das CIA-Programm, das Folter und Misshandlung zu einem systematischen Bestandteil der Verhörmethoden in Guantánamo machte, wurde zwar vom ehemaligen Präsident Barack Obama ausgesetzt, doch kein Einziger der Verantwortlichen wurde für seine Taten zurVerantwortung gezogen. Damit sendet die US-Regierung das fatale Signal, dass Folterer in den USA keine juristischen Nachteile zu befürchten haben. Europäische Staaten hingegen wurden für die Beihilfe zur Folter vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schon zur Verantwortung gezogen.
Der ehemalige Präsident Obama versprach kurz nach seiner Amts-einführung im Januar 2009, das Gefangenenlager binnen Jahresfrist aufzulösen. Im November 2009 räumte er ein, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne. Anfang 2011 gestand die US Regierung ein, dass die Auflösung des Lagers nicht mehr auf der Agenda stünde. Auch die umstrittenen Militärkommissionen wurden wieder eingesetzt, das Strafmaß reicht bis zurTodesstrafe. Dabei werden auch Geständnisse verwendet, die unter Folter entstanden sind. Tatsächlich wurden Gefangene genötigt, Papiere zu unterschreiben, in denen sie erklären, keine juristischen Schritte gegen den US-Staat einzuleiten. Zwar wurde 2016 ein neuer Plan zur Schließung des Lagers vorgelegt, doch seit der Wahl Trumps zum US-Präsidenten liegen diese Pläne auf Eis. Den Foltervorwürfen gegen Verantwortliche wurde bis heute nicht nachgegangen.
Zu Beginn des Jahres 2024 sind sich noch immer 30 Personen in Guantánamo inhaftiert. 13 von ihnen sind zur Freilassung vorgesehen.
Was geschah unter Präsident Biden?
Seit Amtsantritt von Präsident Biden sind 10 Männer aus dem US-Militärgefängnis Guantánamo Bay auf Kuba freigelassen worden. Im Juli 2021 überstellte die US-Regierung den 56-jährigen Marokkaner Abdul Latif Nasser nach Marokko. Er war 2016 zur Haftentlassung freigegeben worden, musste danach jedoch noch fünf weitere Jahre in dem Gefangenenlager verbringen, sodass er insgesamt 19 Jahre ohne Anklage in Guantánamo einsaß. Im April 2022 führte die US-Regierung Sufyian Barhoumi nach Algerien zurück. Er war im März 2002 in Pakistan gefangen genommen und kurz darauf nach Guantánamo gebracht worden, ohne jemals vor Gericht gestellt zu werden. Die Regierung des damaligen US-Präsidenten Obama teilte ihm im August 2016 mit, dass er Aussicht auf eine Haftentlassung habe, doch sein Fall geriet während der Amtszeit von Präsident Trump ins Stocken, als die Regierung allgemein eine Politik zum Aufhalten von Haftentlassungen verfolgte. Im März 2022 wurde Mohammed al-Qahtani nach Saudi-Arabien überführt, um dort psychiatrische Betreuung zu erhalten. Er war von den US-Behörden derart stark gefoltert worden, dass er als nicht verhandlungsfähig für sein Gerichtsverfahren eingestuft wurde. Ihm wurde Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001 vorgeworfen. Im Juni 2022 wurde der Afghane Asadullah Haroon Gul, der sich seit fast 15 Jahren in US-Gewahrsam befunden hatte, im Zuge eines Bundesgerichtsbeschlusses aus Guantánamo freigelassen.
Diese Freilassungen sind begrüßenswert, doch die US-Regierung muss auch die verbleibenden 13 Männer, deren Haftentlassung bereits angeordnet wurde, zügig aus Guantánamo entlassen. Die restlichen Insassen müssen ebenfalls entweder entlassen oder vor Gericht gestellt werden.