Sa. 11. Januar: 18. Jahrestag von Guantanamo: Demo und Mahnwache

12-13 Uhr Mahnwache zwischen Dom und Rathaus

Guantanamo wird 18 Jahre alt.  Noch immer sind dort 40 Menschen inhaftiert! Fast alle ohne Urteil, also ohne Beweis ihrer Schuld!

Wir treffen uns um 11:30 Uhr im AI-Büro (Goetheplatz 4), wer möchte, zieht sich einen orangefarbenen Overall an und zieht sich eine schwarze Kapuze über den Kopf. Von 12 -13 Uhr machen wir eine Mahnwache zwischen Dom und Rathaus und sammeln Unterschriften.

Guantanamo ist eine US-Militärbasis auf Kuba. Dort wurden und werden seit 2002 bis zu 800 Menschen unter dem Vorwurf des Terrorismus inhaftiert. Die meisten von ihnen wurden auch gefoltert, vor allem während der Busch-Regierung (2000-2008), die Praktiken wie ‚Waterboarding’ , Schlafentzug oder Musikfolter erlaubte. Fast alle blieben bis zu ihrer Freilassung ohne Verfahren und Urteil in Haft. Lediglich ein knappes Dutzend wurden vor Militärgerichte gestellt, die kein rechtsstaatliches Verfahren zulassen, wie sie in den USA üblich sind. Deshalb werden sie von Amnesty International abgelehnt.

11.1.2020: 18 JAHRE GUANTANAMO

ACHTZEHN JAHRE UNGERECHTIGKEIT
Seit 18 Jahren existiert das von der US-Regierung eingerichtete Gefangenen-lager in Guantánamo Bay auf Kuba. Wie ein im Dezember 2014 veröffentlichter Bericht des US Senats offiziell anerkannte, verletzen die Vereinigten Staaten dort systematisch zahlreiche Menschenrechte und andere wesentliche Aspekte des Völkerrechts. Zu diesen zählen die Vereinbarungen über die Behandlung von Kriegsgefangenen, die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und das Verbot von Folter und jeder Form grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.
ACHTZEHN JAHRE STRAFLOSIGKEIT
Das CIA-Programm, das Folter und Misshandlung zu einem systematischen Bestandteil der Verhörmethoden in Guantánamo machte, wurde zwar vom ehemaligen Präsident Barack Obama ausgesetzt, doch kein Einziger der Verantwortlichen wurde für seine Taten zurVerantwortung gezogen. Damit sendet die US-Regierung das fatale Signal, dass Folterer in den USA keine juristischen Nachteile zu befürchten haben. Europäische Staaten hingegen wurden für die Beihilfe zur Folter vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schon zur Verantwortung gezogen.
ACHTZEHN JAHRE UND KEIN ENDE
Der ehemalige Präsident Obama versprach kurz nach seiner Amts-einführung im Januar 2009, das Gefangenenlager binnen Jahresfrist aufzulösen. Im November 2009 räumte er ein, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne. Anfang 2011 gestand die US Regierung ein, dass die Auflösung des Lagers nicht mehr auf der Agenda stünde. Auch die umstrittenen Militärkommissionen wurden wieder eingesetzt, das Strafmaß reicht bis zurTodesstrafe. Dabei werden auch Geständnisse verwendet, die unter Folter entstanden sind. Tatsächlich wurden Gefangene genötigt, Papiere zu unterschreiben, in denen sie erklären, keine juristischen Schritte gegen den US-Staat einzuleiten. Zwar wurde 2016 ein neuer Plan zur Schließung des Lagers vorgelegt, doch seit der Wahl Trumps zum US-Präsidenten liegen diese Pläne auf Eis. Den Foltervorwürfen gegen Verantwortliche wurde bis heute nicht nachgegangen.
GUANTANAMO SCHLIESSEN – FOLTER VERURTEILEN!
Augenblicklich befinden sich noch 40 Personen auf dem ehemaligen Militärstützpunkt auf Kuba (Stand: Dezember 2019). Fünf davon sind eigentlich zur Freilassung vorgesehen, doch die Regierung Trump setzt dies nicht um. Die meisten wurden jedoch von der US Regierung als „gefährlich“ eingestuft, es gibt jedoch keine gerichtlich verwertbaren Beweise für diese Gefahr. Für sie ist eine Haft auf Lebenszeit vorgesehen – ohne Urteil. AMNESTY INTERNATIONAL fordert die US-Regierung auf, alle Gefangenen entweder in einem fairen Gerichtsverfahren anzuklagen oder sie unverzüglich freizulassen. Militärprozesse entsprechen in keinem Fall den internationalen Standards für ein faires und unabhängiges Gerichts-verfahren und müssen sofort beendet werden. Personen, die gefoltert oder Folter angeordnet haben, müssen zur Verantwortung gezogen werden.

Amnesty fordert: DONALD TRUMP, SCHLIESSEN SIE GUANTÁNAMO!

  • Die Haftanstalt in Guantánamo Bay muss geschlossen werden, und zwar indem die unbegrenzte Haft ohne Verfahren beendet wird, statt woanders fortgesetzt zu werden, und ohne Rückgriff auf die Todesstrafe;
  • Alle Gefangenen müssen entweder vor einem zivilen Gerichtshof angeklagt werden oder in Länder freigelassen werden, die ihre Menschenrechte respektieren, einschließlich der USA, wenn dies die einzige Option ist;
  • Ehemalige oder diensthabende US-Vertreter, die für Menschenrechts-verletzungen verantwortlich sind, müssen zur Verantwortung gezogen werden, unter Berücksichtigung international anerkannter Verbrechen wie Folter und Verschwindenlassen. Die Opfer von Menschenrechts-verletzungen müssen Zugang zu angemessener Entschädigung erhalten. Personen, die sich für Folter eingesetzt haben, dürfen nicht für einflussreiche Positionen nominiert werden.
  • Stellen Sie sicher, dass der Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung ohne entwürdigende Praktiken erfolgt.
    Bitte unterschreiben Sie unsere Petition

Die aktuelle Situation

  • Präsident Trump hat weder jemanden freigelassen noch Gefangene nach Guantanamo transferiert. 40 Männer verbleiben dort, alle sind Muslime. Fünf sind freigegeben für einen Transfer an einen anderen Ort, aber die Regierung macht keine Anstalten, sie aus dem Gefängnis zu entlassen.
  • Die Militärtribunale haben keine Fortschritte gemacht: sie sind immer noch unfair und gewähren den Inhaftierten kein fairen Verfahren. Die fünf Männer werden beschuldigt, die 9/11 Angriffe geplant zu haben und der zuständige Richter hat für den 11. Januar 2021 den Prozessbeginn angesetzt. Die mit dem Verfahren befassten Anwälte sagen jedoch, dass ein so baldiger Termin unwahrscheinlich ist, besonders wenn die US-Regierung weiterhin den Verteidigern einen Zugang zu Beweisen für Folterungen an ihren Klienten verweigert.
  • Marshall Billingslea wurde für einen der hochrangigsten Menschrechtsposten in der US-Regierung nominiert: „Untersekretär für zivile Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte“ im Außenministerium. Billingsleas Befürwortung des Gebrauchs von Folter und anderer ungesetzlicher Verhörpraktiken in Guantanamo ist gut dokumentiert. Er hat persönlich Foltermethoden für Mohamedou Ould Slahi befürwortet und autorisiert, einem früheren Gefangenen, für dessen Freilassung sich Amnesty jahrelang eingesetzt hat. Im September 2019 hat Amnesty International USA an den US Senat appelliert, Billingleas Nominierung abzulehnen.
  • Die in Guantanamo Inhaftieren altern und haben beträchtliche Gesundheits-probleme (einige als Folge von Folterungen durch US-Regierungsbeamte), und der Zugang zu Gesundheitsfürsorge wird immer furchtbarer. Wegen der alternden Insassen hat die New York Times das Gefängnis als „Pflegeheim“ bezeichnet.
  • Der Kinofilm „The Report“, der im November herauskam, lenkt die Aufmerksamkeit auf die Untersuchung des Folterprogramms der CIA in Guantanamo durch den Senat und auf verschiedene Versuche anderer US-Regierungsstellen, den Abschlussbericht der Untersuchung zu verhindern. Es sind hochrangige Schauspieler dabei. Der Film erhielt viel Beifall, auch von Anwälten der Inhaftierten, aber er wurde auch kritisiert, z.B. vom Guantanamo-Häftling Ahmed Rabbani. AI empfiehlt diesen Film sehr, weil er ein gutes Mittel ist, die Öffentlichkeit über die „erweiterten Verhörmethoden“ aufzuklären, die von der US-Regierung durchgeführt wurden, und weil es auch das Thema „Geheime Haftzentren (black sites)“ der CIA aufgreift, wo Männer wie Toffiq Al-Bihani gefoltert wurden.
  • Schockierende Zeichnungen, die dieses Jahr durch Abu Zubaydah an die Öffentlichkeit kamen, zeigen, wie die CIA Foltermethoden bei ihm angewandt wurden. Abu Zubaydah ist ein früherer palästinensischer Gefangener, dessen wirklicher Name Zayn al-Abidin Muhammad Husayn ist.

Zwei Fälle

Toffiq Al Bihani

Es hat einige Bewegung in seinem Rechtsfall gegeben. 2019 gab es eine mündliche Anhörung vor dem US Court of Appeals for the DC Circuit in der Sache „Ali gegen Trump“, einer Berufungsklage eines der Inhaftierten, Teil einer Massenklage vom Januar 2018, an der auch Toffiq beteiligt war. Toffiqs Fall wurde jedoch an ein anderes, unteres Gericht verwiesen und seine Anwälte vermuten, dass der Richter keine Entscheidung in seinem Fall treffen wird bis der DC Circuit Court in Alis Fall entschieden hat. So muss Toffiq also auf die Entscheidung des DC Circuit Court warten. Im Kern geht es um die Anwendung von rechtsstaatlichen Prinzipien auf die Guantanamo-Häftlinge. Toffiqs Anwalt reichte ein Unterstützungsschreiben (amicus brief) für Toffiq ein. Während der mündlichen Anhörung im Dezember wies einer der Richter auf Toffiqs missliche Situation hin, dass er nämlich schon für einen Transfer freigegeben sei, aber immer noch in Guantanamo ist. Toffiqs Anwälte erwarten eine Entscheidung in Alis Fall irgendwann im Jahre 2020. Und sie erwarten auch, dass die Entscheidung vor dem Supreme Court angefochten werden wird.

Mohamedou Ould Slahi

Mohammed Ould Slahi war von 2002 bis 2016 in Guantanamo und wurde während der Haft gefoltert, jedoch nie eines Verbrechens angeklagt. Amnesty hatte sich jahrelang für seine Freilassung eingesetzt. Als er schließlich freigelassen wurde, schickte ihn die US-Regierung in sein Heimatland, Mauretanien, wo seine Regierung sich weigerte, ihm einen Pass auszustellen – wahrscheinlich auf Initiative der USA. Die letzten drei Jahre konnte er daher nicht reisen, z.B. um spezielle medizinische Behandlungen zu bekommen, die er aufgrund der Verletzungen braucht, die ihm US-Beamte zugefügt hatten, als sie ihn folterten. Nachdem sich Amnesty International und andere Organisationen für ihn eingesetzt hatten und umfangreiche juristische Eingaben von seinen Anwälten gemacht worden waren, bekam er im November einen Pass! Mohammedou ist daran interessiert, in andere Länder zu reisen, um seine Geschichte zu erzählen und zur Schließung Guantanamos aufzurufen.

WAS TUN?
Einsatz zeigt Wirkung! Wir sind überzeugt: ohne das starke zivilgesellschaftliche Engagement zur Schließung Guantanamos wären dort heute noch deutlich mehr Gefangene interniert – wenn es überhaupt je zu einer Aufarbeitung des CIA-Programms gekommen wäre. AMNESTY INTERNATIONAL war mit seinen UnterstützerInnen und FördererInnen ein starker Teil dieser Bewegung. Und wir sind immer noch dabei!
Wenn Sie auch Teil dieser Bewegung sein wollen, haben Sie viele Möglichkeiten:

  • Unterstützen Sie unsere Petition am Stand! Darin fordern wir den US PräsidentenDonald Trump auf, die Schließung des Lagers zur Chefsache zu machen und die Verantwortlichen  vor Gericht zu bringen.
    Die Petition finden Sie auch unter www.amnesty-gegen-folter.de
  • Spenden Sie für Folteropfer! Folter hinterlässt bei den Betroffenen bleibende Schäden, die durch eine Therapie gelindert werden können. AMNESTY INTERNATIONAL Deutschland e.V. hat ein Zweckspenden-projekt zur Unterstützung der Behandlungszentren für Folteropfer eingerichtet:

    Amnesty International
    KD Bank eG
    Konto: 10 20 30 40
    BLZ: 350 601 90
    IBAN DE92350601900010203040
    BIC GENODED1DKD

    Verwendungszweck: Hilfe für Folteropfer
  • Unterstützen Sie AMNESTY INTERNATIONAL durch Ihre aktive Mitarbeit oder Ihre Spende. Lokale Gruppen finden Sie unter www.amnesty.de.
  • Informieren Sie sich über weitere Aktionen unter www.amnesty.de oder www.amnesty-gegen-folter



2. Januar 2020